Das Kolosseum
Das Kolosseum Das Kolosseum ist ein Konzert- und Theatersaal im Lübecker Stadtteil St. Jürgen mit einer langen Geschichte. Er gehört der 1789 gegründeteen Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit in Lübeck, kurz der GEMEINNÜTZIGEN.
Vor den drei ehemaligen Mühlentoren in Süden der Lübeck Innenstadt teilte sich der Weg Richtung Südosten nach Ratzeburg und nach Sürwesten nach Kronsforde und weiter nach Hamburg. An diesem Weg lag ein Gasthof. Es berichtet, dass es ihn schon schon zur Zeit des 30-jährigen Krieges gegeben hat. In der Nähe gab es einen kleinen Froschteich. So hieß der Gasthof lange Zeit „Poggenpohl“, nach den plattdeutschen Wörtern für Frösche = Poggen und Pohl = Teich.
Um 1820 war Johann Heinrich Röhl Besitzer des Gasthoft und nannte ihn von da an „Freundschaft“. Es war für die Lübecker ein beliebtes Ausflugslokal.
1832 übernahm Hans Heinrich Wilms das Haus, 25 Jahre später sein Sohn Johann Friedrich. Das Gasthaus hieß nun „Wilms“. Es wurde gekegelt und getanzt. Man saß im gropßen Garten in Grotten und Lauben. Der vorhandene Saal wurde 1866 vergrößert, zuerst um den „Spiegelsaal“ mit einem großen, goldgerahmten Spiegel an der Rückseite. Später kamen der „Pfeilersaal“ mit Stuck und Säulen im römischen Stiel hinzu sowie der „Springbrunnensaal“ hinzu.
1875 fanden 3.000 Gäste in den Säälen und dem Garten Platz und das Haus hieß nun „Colosseum“. Der Pächter Otto Löhnsdorf bat 1889 um die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Aufführung von Singspielen, Gesangs-und deklamatorische Vorträgen, Schaustellungen oder theatralische Vorstellungen, ohne dass ein höheres Interesse der Kunst bestand. Der Architekt Julius Grube schrieb 1886:
„Einem verehrlichen Polizeiamte, auf Wunsch des Herrn J. F. Wilms erlaube ich mir die Mitteilung zu machen, dass die. s. Z. von mir auf dem Grundstück des Colosseums errichtete Bühne vollkommen stark genug erbaut ist, um das Gewicht besagten Elephanten ohne irgendwelche Gefahr tragen zu können.“
Seit 1901 fanden die Konzerte des Vereins der Lübecker Musikfreunde (heute der Verein der Musik- und Orchesterfreunde Lübeck e.V.) im Kolosseum statt. Die Akustik wurde noch lange Zeit später von Wilhelm Furtwängler gerühmt. Er leitete von 1911 – 1915 das Orchester des Vereins.
Der junge Wilms erkrankte 1887, er war 57 Jahre alt. Der Betrieb wurde zunächst verpachtet und später verkauft.
1930 - 1945
In der schweren Zeit um das Jahr 1930 geriet das Haus in Schwierigkeiten, es musste zwangsversteigert werden und wurde 1931 von der Spar-und Anleihekasse „zur Verteidigung ihrer Hypothek“ erworben. Die Kasse schrieb dazu
“... Es ist nicht Aufgabe einer Sparkasse, dauernd Grundstücke zu besitzen, die nicht für den eigenen Geschäftsbetrieb verwandt werden. Am Grundstücksmarkt darf dieser wertvolle Grundbesitz u.E. nicht angeboten werden.“
1937 wird beschlossen, um den Konzertsaal für das kulturellen Leben der Stadt und insbesondere der Musikpflege zu erhalten, das Grundstück der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit ohne Zuzahlung eines Gegenwertes, frei von jeder hypothekarischen Belastung, anzubieten. Am 28. März 1938 heißt es:
„Der Vorsitzende Herr Dr. Währer berichtet, dass der Direktor der Gemeinnützigen Gesellschaft Herr Hans Sellschopp mit Zustimmung des Herrn Oberbürgermeister Dr. Drechsler sich bereit erklärt hat, das Grundstück Kronsforder Allee 25 für die Gesellschaft als Eigentümer zu übernehmen.
Übernahme am 28.3.1938.
Der Kaufpreis beträgt 30.000 Reichsmark.
Sämtliche Kosten gehen zu unseren Lasten.“
Für das Colosseum folgte nun ein wechselhafte und wirre Zeit, in der es zum Spielball widersprüchlicher Interessen wurde. Am 14.11.1938 erhält Herr Severin, Inhaber der Druckerei H.G. Rathgens, die auch Verwalter des Lokales „Colosseums“ ist, von der Baupolizei eine Mängelliste, die 16 Punkte umfasst: „Türen müssen nach außen aufschlagen, Türgriffe ändern, keine losen Stühle, keine Stufen, Vorhänge schwer entflammbar usw.“ Unterschrieben von Dr. Hespeler, Oberbaurat
Herr Severin schreibt 1938 an die Gemeindepolizei, Königstraße 9:
Antrag auf Konzession nach § 33a Reichsgewerbeordnung Begründung:
„In früheren Jahren haben durchweg nur Symphoniekonzerte und sonstige Veranstaltungen statt gefunden, bei denen ein höheres Interesse der Kunst und Wissenschaft obwaltete.
Seit dem Brand des Hauses der Deutschen Arbeitsfront findet nun ein großer Teil der Abende der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ im Kolosseum statt und unter diesen Veranstaltungen sind auch solche, die u.E. unter die Gruppe fallen, für welche es nach § 33a einerbesonderen Konzession bedarf.
Das Kolosseum ist kein Erwerbsunternehmen, sondern ein Unterschussbetrieb, der von dem Besitzer schon seit langen Jahren nur aus gemeinnützigen Gründen gehalten wird. Wir bitten daher, für die Erteilung der Konzession keine oder nur eine geringe Gebühr zu berechnen.“
Am 25.10.1938 wendet sich der Oberbürgermeister der Hansestadt Lübeck, an die Reichsstelle für Getreide, Futtermittel und sonstige landwirtschaftliche Erzeugnisse:
„Betr.: Sicherstellung des Kolosseums in Lübeck.
Wie mir mitgeteilt worden ist, ist in Verfolgung der Sicherstellungs-Maßnahmen für Getreidelagerung das Kolosseum in Lübeck beschlagnahmt worden.“
Es folgte die Beschlagnahme durch die Nazionalsozialisten im Oktober 1938 die bereits im November zurückgezogen wurde sowie die erneute Beschlagnahmung Ende Januar 1939, befristet bis 15.3.1939. Die Fraigabe erfolgte in Mai. Im September 1939 geriet das Haus abermals unter Sicherstellung bis es im Juni 1940 endgültige freigegeben und geräumt werden sollte. Doch schon im Juli 1940 wurde das Colosseum als Lagerraum für Luftpark Lübeck erneut unter Beschlagnahmung genommen. Ende März 1941 wurde das Haus schließlich endgültig geräumt und der Gemeinnützigen Gesellschaft dauerhaft zur Verfügung gestellt.
Doch es sollte keine Ruhe einkehren. Nach dem englischen Luftangriff auf Lübeck zu Palmarum wurde das Colosseum bis Ende 1944 für das zerstörte Kaufhaus Karstadt als Lagerraum sichergestellt und anschließend für die Norddeutschen Dornierwerke beschlagnahmt. Der genaue Zweck ist bis heute geheim. Ab 1945 wurde das Kolosseum als Lazarett genutzt.
Nach 1945
Dr. jur. Adolf Ihde war seit Dezember 1945 Direktor der „Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit“. Die Militärregierung stellt darüber eine Urkunde aus. Die Verwaltung des Kolosseums geht auf Herrn Teudt über. Er ist jetzt Inhaber der Druckerei Rathgens.
Von 1946 bis 1949 sind die Städtischen Bühnen im Kolosseum untergebracht
1951 wird im Kolosseum das Kino „Camera“ eröffnet. Es hat lange Diskussionen gegeben in der Öffentlichkeit, besonders mit den Musikfreunden. Das Kino wird eröffnet mit dem Film „Melodie des Schicksals“.
Der Pächter Herr Dürkop hatte Kontakte zu den Stadthallen-Lichtspielen. Diese schrieben am 5.1.1954 an die Gemeinnützige:
„Die kleine, feine und allseitig beliebte „Camera“ ist ja, wie Sie selbst wissen, im Augenblick sehr lukrativ. Sie dürfen versichert sein, dass wir es uns zur vornehmsten Aufgabe machen werden, nur solches Filmmaterial zur Aufführung zu bringen, das dem uns seit Jahrzehnten bekannten exklusiven Geschmack der Mühlentorbevölkerung entsprechen und der Hauseigentümerin zur Ehre gereichen wird.“
Ein großzügige Zuwendung des Ehepaars Kosul Richard und Lilli Dieckmann ermöglichte 1959 den Umbau des Saal. Er verfügt nun über mehr als 1.000 Plätze und galt als modernster Kozertsaal Norddeutschlands mit herausraggender Akustik.
1952 plant die Kommunistische Partei eine Veranstaltung im Kolosseum (seit Kiegsende mit K) durchführen. Dem Antrag wurde nicht stattgegeben. Man befürchtete, dass bei den turbulenten Versammlungen Mobiliar beschädigt werden könnte. Es entstand einiger Wirbel um das besagte Mobiliar. Die Oberfinanzdirektion mahnt Mietrückstände an für ehemaliges NS-Mobilar, für die Jahre 1951/52 = 132 Mark. Es handelt sich um 110 Klappstühle vom Technischen Notdienst welche das Kolosseum erhiert, weil OPriginal-Stühle des Hauises an die Stadthalle ausgeliehen worden waren.
In den Jahren 1954/55 finden jährlich etwa 40 – 50 Veranstaltungen
Die Lübecker Nachrichten berichten am 14.10.1954:
„Das Kolosseum erhält ein neues Gesicht. Die Gemeinnützige plant Ausbau ihres Hauses in der Kronsforder Allee. Es sind erhebliche Schäden zu beheben, vor allem möchte man auf alle Fälle die hervorragende Akustik erhalten. Begonnen wurde mit dem Umbau der Ecke Kronsforder Allee – Uhlandstraße. Zu bedenken ist dabei, dass es den Berliner Platz und die Possehlstraße in ihrer heutigen Form nicht gab.
Es entstanden zwei Läden, eine Gaststätte und Junggesellenwohnungen. Man spricht von „Norddeutschlands schönsten Konzertsaal“, von einer „Sinfonie in Licht und Farben“.
Nach Plänen des Architekten Müller-Scherz entstand ein nachtvioletter Hintergrund, die Deckenbeleuchtung auf schwarzem Untergrund. Zur Finanzierung trugen Mittel der Possehlstiftung, des Vereins der Musikfreunde und der Nachlass des Ehepaares Diekmann bei.
1968 beginnt eine lange, ausführliche Diskussion. Das Amt für Kultur und das Amt für Fremdenverkehr streben den Bau einer Kongreß-und Ausstellungshalle mit dem Namen „Ostssezantrum“ an. Als mögliche Standorte kommen der ZOB, die Wallhalbinsel und die Petri-Kirche in Betracht. Senator Bromme war der Ansicht, dass die große Lösung Wallhalbinsel in den nächsten Jahren nicht realisierbar sei. Das Kolosseum wäre dagegen gut geeignet.
Die Gemeinnützige möchte daraufhin das Kolosseum renovieren. Der Saal soll 1.300 Besuchern Plaz bieten. Außerdem sollen auf dem Grundstück 24 Altenwohnungen entstehen.
Am 20.02.1969 findet eine Besprechung zur Schaffung eines Kongreßzentrums statt. Beteiligt sind Direktor Dahlstein, Senator Schneider, Dr. Sander und der Architekt Müller-Scherz. Es erfolgt ein Spendenaufruf für das Kolosseum.
Das Amt für Fremdenverkehr hat konkrete Wünsche. Das Amt soll bevollmächtigt sein, die Vergabe der Räume fest zuzusagen.
Es muß möglich sein, jeden Raum innerhalb weniger Stunden den Wünschen des Veranstalters entsprechend zu verändern. Das gilt insbesondere auch für den großen Saal. Ferner muß es möglich sein, nachmittags eine Tagung durchzuführen und abends eine gesellschaftliche Veranstaltung.
Die Planung sah folgendemaßen aus: Umbau mit Mitteln der Gemeinnützigen und der Hansestadt Lübeck.
Neuer Saal 765 Plätze
Hinterer Saal (alt) 250 Plätze
Balkon (neu) 250 Plätze
Bühnenplätze 150 Plätze
Gesamt 1.415 Plätze.
September 1969 lag ein Vertrags- Entwurf zwischen der Hansestadt Lübeck und der Gemeinnützigen Gesellschaft vor. Doch eine Frage ließ sich nicht lösen. Es wurden Parkplätze benötigt, die nicht zu schaffen waren. Daraufhin wurde die Planung von der Stadt nicht weiter verfolgt. Für die weiteren Veranstaltungen im Kolosseum fand man hinsichtlich der Parkplatzfrage eine Regelung mit der LVA auf der anderen Straßenseite. Die Mitarbeiter der LVA konnten während der Arbeitszeit den Kolosseum-Parkplatz hinter dem Gebäude nutzen, abends konnten Kolosseumsbesucher bei der LVA parken. Dies Regelung gilt auch heute noch.
Die Gemeinnützige erarbeitete 1972 mit dem Architekten Müller-Scherz ein neues Konzept, eine kleine Lösung. Der Konzertsaal wurde umgestaltet und bot nun 660 Besuchern Platz. Zudem entstanden auf dem Grundstück 6 Zwei-Zimmer-Wohnungen und 9 Ein-Zimmer- Wohnungen.
Das Kolosseum wurde 1974 wieder eröffnet. Die Akustik blieb auch weiter ausgezeichnet und wurde viel gelobt. Der Saal war farblich neu gestaltet, rotes Gestühl, die Wände rötlich–gold, dazu die Decke hellblau. Musik war auch weiterhin das Zentrum der Veranstaltungen. Zu den vielen großen Künstler gehörten u.a. auch Karajan und Fischer-Dieskau, Gerd Fröbe, Peter Ustinov und viele andere.
1988 wurde die Decke des Saals neu verputzt. Drei Jahre später fiel ein großes Stück dieser Decke herab. Es bestand Asbestverdacht, der sich jedoch nicht bestätigte. Erst zwanzig Jahre später, 2008 wurde große Saal ist wieder Baustelle. Ein Befall durch Hausschwamm wurde beseitigt und bauliche Brandschutzmaßnahmen wuden den aktuellen Anforderungen angepasst. Unter der Bauleitung von Architekt Justus Deecke wird der Zuschauer-Bereich schräg angehoben. Es waren nun 498 Plätze vorhanden. Die geringere Anzhal der Plätze ermöglichte einen erhelblich gesteigerten Sitzkomfort und von allen Plätzen eine gute Sicht auf die Bühne. Die Bühnentechnik wurde modernisiert und es können auch Kinofilme gezeigt werden. Der vorhandene Stuck wurde saniert und das Foyer von Grund auf neu gestaltet. Die Umbaukosten betrugen rund 2,2 Mio Eur und wurden durch die Possehlstiftung, der gemeinnützigen Sparkassenstiftung und der GEMEINNÜTZIGEN zu gleichen Teilen aufgebracht. Ende April 2009 wurde das Kolosseum in seiner jetzigen Form wiedereröffnet.
Seit 2010 ist Ole Nissen leitender Intendant des Kolosseums. Der Saal hat sich seitdem mit ca. 150 Veranstaltungen im Jahr zu einer bedeutenden Kulturstätte der Stadt entwickelt.
Seit der Widererföffung sind zahlreiche Künstler im Kolosseum aufgetrweten. Hier eine Auswahl:
11 Freunde, Abdelkarim, Abi Wallenstein, Achim Reichel, Albert Hammond, Al Di Meola, Amaryllis Quartett, Andreas Kieling, Angelika Milster, Anna Depenbusch, Bastian Pastewka, Bastian Sick, Baumann & Clausen, Benjamin Tomkins, Berlin Brass Band, Bernhard Hoecker, Bruno Ganz, Carolin Kebekus, Chris Tall, Christoph Maria Herbst, Daniel Hoppe, David Geringas, Der Postillon, Die Feisten, Dietmar Wischmeyer, Don Kosaken Chor, Dr. Mark Bedecke, Elke Heidenreich, Emmi & Willwowskie, Erich von Däniken, Eure Mütter, Evelinde Trenkner, Florian Schröder, Georg Schramm, Gernot Hassknecht, Godewind, Götz Alsmann, Greepeace, Günter Grass, Gustav Peter Wöhler, Hagen Rether, Hans-Werner Olm, Hannes Wader, Hasel Brugger, Henning Venske, Herbert Knebel, Herr Holm, Horst Evers, Horst Schroth, Ingo Appelt, Iris Berben, Jan Becker, Jochen Malmsheimer, Johann König, Johanneum Big Band, Joja Wendt, Jürgen Becker, Klaus Hoffmann, Klaus Lage, Klaus Maria Brandauer, Lars Reichow, Lydie Auvrey, Magic of the Dance, Marc Weide, Markus Krebs, Markus Maria Profitlich, Matthias Riechling, Matze Knoop, Maybebop, Michael Hatzius, Michael Martin, Michael Nast, Michy Reinecke, Mike Krüger, Movig Adventure Ocean Tour, NDR Intensivstation, New Your Gospel Stars, Nora Tschirner, Nordische Filmtage, Ohnsorg-Theater, Pasadena Rooforchester, Patric Heizmann, Pawel Popolski, Pe Werner, Pit Klocke, Quadro Nuevo, Ralph Ruthe, Ray Wilson, Rick Kavanian, Rüdiger Hoffmann, Rüdiger Nehberg, Sabine Meyer, Sarah Connor, Scharwenke-Gesellschaft, Sebastian Pufpaff, Stoppok, Tahnee, The Dublin Legends, Torsten Sträter, Timo von Berlepsch, Titanic Boygroup, Tokyo Quartett, Thorsten Havener, Ulrich Tucker, Vollplyback Theater, Walter Sittler, Werner Momsen, Wladimir Kaminer, Wolfgang Trepper, Yxalag